Birkenau. Die Birkenauer Gemeindevertretung tritt in Sachen neues Bürgerhaus erst mal auf die Bremse. Der Auftrag der Architektenleistungen für die Grundlagenermittlung und die Vorplanung an das Büro Studiobornheim (Frankfurt) wurde bei der Sitzung am Dienstag zunächst verschoben. Die Beratungen zum Bürgerhaus sollen nach einem fast einstimmigen Beschluss der Mandatsträger zunächst im Sozial-, Sport- und Kulturausschuss beraten werden, ehe sich in einer weiteren Sitzung alle drei Ausschüsse, also auch der Bau- sowie der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) dieses Themas annehmen werden. Damit folgte die Gemeindevertretung nach einer Sitzungspause einem gemeinsamen Antrag von Freien Wählern, SPD und CDU.
In der vorangegangen, zuweilen kontroversen, aber trotzdem auffallend fairen Diskussion, hatten die Redner aller Fraktionen die Befürchtung geäußert, Birkenau könne sich mit dem Bürgerhaus in der vorliegenden Planung finanziell übernommen haben, das Gebäude sei möglicherweise überdimensioniert, außerdem fehle es an einem Nutzungs- und Betreiberkonzept, eine Bedarfsanalyse soll durchgeführt werden.
Bürgermeister Helmut Morr hatte in einem Eingangsstatement das bisherige Vorgehen und den Vorschlag der Verwaltung, das Büro Studiobornheim mit der Grundlagenermittlung und der Vorplanung zu betrauen, verteidigt. Das bisher Erreichte gelte es nun, stufenweise weiterzuentwickeln. In der Phase, die nun beauftragt werden solle, müssten Einsparpotenziale aufgezeigt werden, die die Grundeigenschaften des Bürgerhauses und damit die Voraussetzungen in erster Linie der Vereine nicht beeinträchtigten.

Morr nennt drei Bereiche

Dazu nannte Morr drei Bereiche: Auf das aufwendige Untergeschoss mit Fahrstuhl, das überwiegend als Lagerfläche genutzt werden soll, könne möglicherweise verzichtet werden, ebenso wie auf die Dreiteilung des Saales (Morr: „Eine Zweiteilung tut’s auch“). Schließlich sei noch eine Reduzierung der Sitzplatzkapazität denkbar. Mit dem Ergebnis dieser Umplanung müsse sich die Gemeindevertretung erneut beschäftigen und entscheiden, ob die Wünsche mit der Budgetplanung in Einklang zu bringen seien.
Peter Lindner, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, rechnete vor, dass die in der Vorlage genannte Bausumme von fünf Millionen Euro deutlich höher werden könne. Schon im Investitionsprogramm seien Kosten von insgesamt 8,4 Millionen Euro vorgesehen. Möglicherweise rechtfertige der sogenannte Baukostenindex eine weitere Erhöhung von 50 Prozent auf dann 12,6 Millionen Euro. „Nicht berücksichtigt sind Mehrkosten für Risiken aus dem Baugrund und für anderes Unvorhergesehenes“, sagte Lindner. Selbst wenn sich die Baukosten – wie im Investitionsplan vorgesehen – bei 8,4 Millionen Euro einpendeln sollten, wäre dies seiner Fraktion „noch immer viel zu teuer“. Daher beantragten die Freien Wähler, dem Beschlussvorschlag zunächst in den HFA zu verweisen.
Diesem Vorschlag schloss sich auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Dittert an, der den aktuellen Stand des Bürgerhauses anhand von zwei Vergleichen aus seiner Sicht verdeutlichte: „Ich habe das Gefühl, hier wird ein Zug aufs Gleis geschickt und wir können ihn nicht mehr stoppen.“ Und: „Wir wollen einen Reisebus konfigurieren, können uns aber nur einen Familien-Van leisten.“ Auch Dittert sprach sich für eine Verweisung des Antrags in den HFA aus.

Andere Basis und mehr Input?

CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Bernhard Klein stellte zunächst zwei Fragen: „Brauchen wir nicht eine andere Basis für die Planung? Reicht es, wenn wir in den HFA gehen oder brauchen wir mehr Input?“ Wichtig, sagte Klein, sei jetzt auch ein Ansatz für ein Betreiberkonzept. Auch der Christdemokrat sprach sich für die Überweisung an den HFA aus.
Olaf Hofmann (SPD) sagte, alle wollten ein Bürgerhaus, aber: „Wir haben alle auch Bauchschmerzen.“ Deswegen schlage die SPD vor, den Antrag zunächst im Sozial- sowie im Bauausschuss zu beraten. „Damit ziehen wir ein bisschen die Notbremse.“ Gebraucht würden ein verlässlicher Zeitplan, ein Betreiberkonzept und eine Bedarfsanalyse. „Es reicht nicht, nur über Geld zu reden.“ Seàn O’Donovan (FDP) vertrat auf einen Einwand des Bürgermeisters die Auffassung, der Sozialausschuss sei durchaus in der Lage, ein Nutzungskonzept in eigener Regie zu erstellen. Das Betreiberkonzept solle dagegen extern vergeben werden.
Die Vorsitzende des Sozialausschusses, Sabine Neumann (Freie Wähler), äußerte die Erwartung, dass von der Verwaltung eine gewisse Vorarbeit geleistet werde. „Die Frage ist, was brauchen wir unbedingt, auf was können wir verzichten?“ Ein Einwand, dem sich gleich mehrere Sprecher anschlossen.

Eine ganze Reihe von Fragen

Dr. Alexandra Stadler (CDU) sagte, es gebe noch eine ganze Reihe von Fragen, die erörtert werden müssten. Das Bürgerhaus müsse sich tragen, deshalb müsse man sich mit der Frage beschäftigen, wie es vermarktet und ob es einen professionellen Vermarkter geben werde. Zudem müssten auch die Vereine gefragt werden, wie viel sie vom Erlös der Großveranstaltungen abgeben können, um zur Unterhaltung des Gebäudes beizutragen. Dabei dürften die Vereine aber nicht allzu sehr belastet werden. „Es wäre das schlimmste Szenario, wenn die Vereine das Bürgerhaus wegen zu hoher Gebühren nicht nutzen würden.“ In Anlehnung an die Bemerkung von Martin Dittert sage Bürgermeister Morr: „Wir müssen aufpassen, dass aus dem Bürgerhaus kein Bummelzug wird.“ MB

Quelle: WNOZ
Artikel vom 18.01.2018

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