Birkenau. Die Gemeinde Birkenau wird einen Masterplan für ein effektives Starkregenmanagement erstellen. Diese Entscheidung traf die Gemeindevertretung bei ihrer Sitzung am Dienstag in der Reisener Südhessenhalle einstimmig. Damit folgten die Gemeindevertreter einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der CDU.

In der Begründung des Antrags hatte Hans-Jürgen Roos (Bündnis 90/Die Grünen) auf die Hochwasserkatastrophe vor wenigen Wochen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen verwiesen. Dabei sei eine Facette des Klimawandels deutlich geworden: Plötzlich auftretender Starkregen führe in Landschaften mit Bergen und Tälern dazu, dass die Pegelstände der Fließgewässer nicht langsam anstiegen, sondern plötzlich in die Höhe schießen würden. Das Wasser werde kanalisiert und aus kleinen Bächen reißende Sturzfluten.

Das Geoportal der Bundesanstalt für Gewässerkunde oder die Gefahrenkarte Weschnitz des Regierungspräsidiums Darmstadt zeige, dass das Thema Hochwassergefährdung auch in Birkenau einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfe. Wie Roos weiter ausführte, könnten danach in Birkenau mehr als 360 Personen von einem Weschnitzhochwasser betroffen sein, da sie in einer ausgewiesenen Überschwemmungszone wohnen und leben. Dabei sei zu beachten, dass das betreffende Gebiet entlang der Weschnitz ein kaum vorhandenes Wassergefälle aufweise.

Leben und Gut schützen

Anders sei es in den Bereichen der Weschnitzzuflüsse Hornbach, Löhrbach, Kallstädter Bach und Liebersbach. Im Bereich des Hornbachs sei es bereits mehrfach zu Überschwemmungen gekommen, auch der Kallstädter Bach sei phasenweise am Ende seiner Aufnahmekapazität gewesen – obwohl „nur“ 35,2 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen seien. „Zum Vergleich: In den Katastrophengebieten ist die vierfache Wassermenge heruntergekommen.“ Roos betonte ausdrücklich, dass in den Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) den Kommunen bezüglich eines effektiven Starkregenmanagements eine Schlüsselrolle für die Vorsorge, Bewältigung und den Wiederaufbau zugewiesen werde. „Wir sind der festen Überzeugung, dass eine gut gerüstete Gemeinde im Falle eines Hochwassers Leben und Gut schützen kann“, sagte der Redner. Den Antragstellern sei wichtig, dass die Gewässer in der Großgemeinde mit den Wassermassen zurechtkommen. „Daher ist für uns ein geeigneter Hochwasserschutz essenziell.“

Mehr Sicherheit geben

Zuvor hatte Manuel Strauch-Stadler (CDU), der an diesem Abend, wie er es formulierte, mehrfach „in der Bütt“ stand, erklärt, dass Union und Grüne mit dem Antrag eine gemeinsame Idee verfolgen. Es solle zunächst geprüft werden, ob die Großgemeinde für ein Starkregenereignis ausreichend gewappnet sei. Zwar gebe es bereits Pläne, aber: „Wir wollen den Bürgern einfach mehr Sicherheit geben.“

Skeptisch zeigte sich dagegen die SPD-Fraktion, für die als erster Redner Patrick Doering das Wort ergriff. Er vertrat die Auffassung, dass die Zuständigkeit für den Hochwasserschutz eher beim Kreis als bei der Gemeinde liege. Dort sei auch bereits ein Konzept für den Katastrophenfall erarbeitet worden. Anstatt eigener Planungen erscheine es daher sinnvoller, sich „beim Kreis einzuklinken“.

Peter Schabel (Bündnis 90/Die Grünen) widersprach Doering zwar nicht direkt, sagte aber, man könne in Birkenau „nicht einfach die Hände in die Hosentasche stecken“. Auch vor Ort könnten Maßnahmen für den Hochwasserschutz ergriffen werden. „Was wir tun können, sollten wir tun.“

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Seàn O’Donovan erklärte, es sei wichtig, für Birkenau alle Informationen zusammenzutragen. „Wenn wir dann sehen, dass wir mehr brauchen, sollten wir die Hilfe von Kreis, Land und Bund in Anspruch nehmen.“ Ute Wolk (SPD) stellte die Frage in den Raum: „Was lösen wir aus, wenn wir diesem Antrag komplett zustimmen?“

Marc Steinmann (CDU) gelang es schließlich, den Sozialdemokraten ihre Skepsis zu nehmen. Die Einwände der SPD seien zwar nachvollziehbar, es gehe aber zunächst nur um die Prüfung, „was wir haben“. Für den Hochwasserschutz sei in der Gemeinde schon viel getan worden, aber: „Im Bereich der oberen Weschnitz gibt es noch Dinge, die wir noch nicht in Erwägung gezogen haben. Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen.“ Dem Antrag nicht zuzustimmen, sende ein schlechtes Signal an die Zuhörer und an die Bevölkerung. MB

Quelle: WNOZ
Artikel vom 02.09.2021

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