Birkenau. Mit ihrem Rundumschlag zum gemeindlichen Haushalt haben die Birkenauer Grünen für allerhand Wirbel, teilweise sogar für Verärgerung gesorgt. Unter anderem hatten die Grünen den Schuldenstand der Gemeinde kritisiert und die Befürchtung geäußert, Birkenau könne sich mit zu vielen Investitionen, insbesondere dem Bau eines Feuerwehrgerätehauses in Löhrbach (2,5 Millionen Euro), dem neuen Bürgerhaus (4,8 Millionen Euro, zuzüglich Renovierungsarbeiten am Freibad) und der Verwirklichung der Innerörtlichen Gemeindestraße (IÖG, 3,5 Millionen Euro) übernehmen.

Insbesondere bei Bürgermeister Helmut Morr kamen die Äußerungen der Grünen nicht gut an. An erster Stelle wies Morr die Darstellung zurück, die Pro-Kopf-Verschuldung Birkenaus liege bei 2829 Euro. „Ich weiß nicht, wo die Grünen ihre Zahlen herhaben“, sagte der Rathauschef. Im Haushalt sei eine Pro-Kopf-Verschuldung von 1294 Euro ausgewiesen. Selbst wenn man die Kassenkredite mit einrechne, bewege man sich immer noch unter 2000 Euro. Außerdem erweckten die Grünen den Anschein, als sei der Haushaltsrat auf ihre Initiative hin zustande gekommen. „Diesen Haushaltsrat hatte ich schon seit Jahren gefordert.“

Kommunalaufsicht prüft

Sind drei Großprojekte zuviel? „Die Beantwortung der Frage, ob sich die Gemeinde überfordert oder nicht, obliegt der Kommunal- und Fachaufsicht“, erklärte Morr. Das Rechnungsprüfungsamt könne besser einschätzen, ob sich eine Kommune überfordert oder nicht. Im Übrigen sei Volker Schäfer als ein herausragender Kämmerer bekannt. „Es bleibt aber jedem selbst überlassen, wie er den Haushalt interpretiert. Wir dürfen nicht alles schlecht reden.“

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Bernd Brockenauer, erinnerte daran, dass sie Sozialdemokraten erst in der vorletzten Sitzung der Gemeindevertretung die Verwaltung gebeten habe, alle mit Kosten verbundenen Maßnahmen auf den Tisch zu legen. „Wir wollen einfach mal genau sehen, was alles ansteht“, sagte Brockenauer. Deshalb sollten den Mandatsträgern auch alle Vorgänge zugänglich gemacht werden, die sonst nur verwaltungsintern behandelt werden.

Der Verantwortung bewusst

Dass sich Birkenau finanziell übernimmt, kann sich Brockenauer kaum vorstellen. „Jeder Mandatsträger ist sich seiner Verantwortung bewusst. Wir alle wissen, dass wir mit Steuergeldern hantieren und es nicht sinnlos ausgeben dürfen.“

Es seien übrigens die Sozialdemokraten gewesen, die im Zusammenhang mit dem Bürgerhaus ein Finanz-, Nutzungs- und Betreiberkonzept gefordert hätten. Dieser Antrag sei in den Sozialausschuss verwiesen worden, wo er – auch mit den Stimmen der Grünen – abgelehnt worden sei. Die gleichen Grünen also, die sich jetzt über das Fahlen eines Konzepts beschwerten.

Dass Löhrbach ein neues Feuergerätehaus brauche, sei auch für die SPD klar. „Dieses Gebäude ist notwendig, aber verursacht eben auch enorme Ausgaben.“ Nachdem der günstigere von zwei Anbietern Gesamtkosten von 2,5 Millionen Euro ermittelt hatte, habe das Risiko bestanden, dass eine Neuausschreibung vielleicht zu einem noch teuren Angebot führt. Deswegen habe sich die SPD bei der Abstimmung auch in großen Teilen enthalten.

Völlig unumstritten sei die IÖG, ohne die das Verkehrskonzept niemals umgesetzt werden könne. Bereits im März habe das Land einen Förderbescheid in Aussicht gestellt, wobei die Förderung zwischen 10 und 80 Prozent liegen könne. „Dazwischen ist alles möglich“, sagte Brockenauer weiter.

Ähnlich äußerte sich auch CDU-Fraktionsvorsitzender Stefan Roewer: „Unser gesamtes Verkehrskonzept hängt von der IÖG ab.“ Klar verteidigte er auch den Bau des Feuerwehrgerätehauses in Löhrbach, „auch wenn es jetzt erheblich teurer kommt als geplant, vor allem, weil die Baukosten insgesamt in den Himmel gestiegen sind“. Die Feuerwehr brauche ein neues Gerätehaus; man dürfe nicht vergessen, dass die Einsatzkräfte längst nicht mehr nur zur Brandbekämpfung eingesetzt würden.

Beschlüsse dreimal geprüft

Gebraucht werde auch das Bürgerhaus, weil es – außer in der Kerngemeinde – überall in den Ortsteilen Veranstaltungshallen gebe. „Auch dabei wird die CDU auf die Finanzen achten. Wir überprüfen jeden Beschluss dreimal, ehe wir zustimmen.“

Auf solide Finanzen setzt auch die FDP-Fraktion, wie deren Vorsitzender Martin Dittert sagte. Die IÖG werde unbedingt gebraucht, das stehe für die Liberalen außer Frage. Was das Bürgerhaus betrifft, verlangt Dittert eine verbindliche Kostenschätzung, „nicht damit die Kosten aus den Fugen geraten wie beim Feuerwehrgerätehaus in Löhrbach“. Dass dieses Gebäude notwendig ist, wolle die FDP in keinem Fall bestreiten; die Liberalen stören sich aber an den Investitionskosten von 2,5 Millionen Euro. „Es geht nicht um das Ob, sondern um das Wie.“

Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Peter Lindner, teilt die Sorge der Grünen, Birkenau könne sich übernehmen. Deshalb habe seine Fraktion einen Antrag eingebracht, der auf eine transparentere Haushaltsführung abzielt und in dem neben den Kosten eines Projekts stets auch die Folgekosten genannt werden. Die IÖG sei fester Bestandteil des Verkehrskonzepts und genieße oberste Priorität.

Zu dem aus seiner Sicht überteuerte Löhrbacher Feuerwehrgerätehaus hätten sich die Freien Wähler eine Neuausschreibung gewünscht, um möglicherweise ein günstigeres Ergebnis zu erzielen. Die Kosten für das Bürgerhaus inklusive der Maßnahmen für Außengestaltung und Arbeiten am Schwimmbad seinen in ihrer „jetzigen Höhe von acht Millionen Euro“ nicht akzeptabel. MB

Quelle: WNOZ
Artikel vom 29.06.2018

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