Birkenau. Einen Überblick über Problemfelder und Lösungsansätze der Bundes- und Europapolitik gab der Bundestagsabgeordnete und parlamentarischer Staatssekretär Dr. Michael Meister beim traditionellen politischen Aschermittwoch der CDU Birkenau. Er ging auf jene Themen ein, die in der Regierungskoalition bearbeitet werden. Aber eine der wichtigsten Entscheidungen für die Zukunft in Kommune, Land und Bund müsse der Bürger selbst in die Hand nehmen, nämlich die Teilnahme bei der Europawahl am 26. Mai.

Meister wies auf die Gefahr hin, dass eine Stärkung europafeindlicher Parteien eine Regierungsbildung der EU wohlgesonnenen Kräfte ernsthaft erschweren könne. Dies wiederum könne schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Zum einen sei das „Friedensprojekt Europäische Union“ maßgeblich verantwortlich dafür, dass die heutigen Generationen nie eine kriegerische Auseinandersetzung erleben musste. Dies müsse für nachfolgenden Generationen bewahrt werden.

Andererseits gebe nur die europäische Staatengemeinschaft den Teilnehmerländern die Möglichkeit, mit der sehr starken US-amerikanischen Industrie und der chinesischen Wirtschaft auf dem Weltmarkt zu konkurrieren. Die meisten deutschen Produkte wie Industriemaschinen und Autos, würden für den Exportmarkt produziert. Hier komme dem europäischen Binnenmarkt eine große Rolle zu. Einschränkungen durch eventuell wieder errichtete Grenzen hätten negative Folgen für Arbeitgeber und in der Konsequenz auch für Arbeitnehmer. „Nehmen Sie diese Wahl nicht auf die leichte Schulter“, sagte Meister.

Auch andere Veränderungen müssten politisch gestaltet werden. Eines davon betreffe die Neureglung der Grundsteuer, die von jedem entrichtet werden muss, der eigenen Wohngrund besitzt. Aufgrund des Urteils eines Bundesverfassungsgerichts, sei die Regierung gezwungen, die Berechnungsgrundlage dieser Steuer neu zu gestalten, da diese sich auf Annahmen des Jahres 1964 gründet, was laut Urteil dem Gleichstellungsgrundsatz widerspreche. Bis zum 31. Dezember des laufenden Jahres müsse eine neue Berechnungsform gefunden werden, die dann bis zum Jahr 2024 umgesetzt werden muss. Da diese Berechnungsform 35 Millionen Grundstücke betreffe, müsse in dieser Frage sensibel vorgegangen werden.

Die Grundsicherung im Alter sei ebenfalls ein Diskussionsthema innerhalb der Bundesregierung. Meister sprach sich für eine Bedürftigkeitsprüfung aus. Bei positivem Bescheid solle die Grundrente dann aber jedem zugänglich gemacht.

Zur medizinischen Versorgung der Bevölkerung sagte Meister, in Deutschland seien 80 Prozent der Bevölkerung bereit, im Todesfall Organspender zu werden, ein Drittel habe einen entsprechenden Ausweis. Dennoch komme es in Deutschland nur zu rund 10 000 Organspenden im Jahr. Meister wies darauf hin, dass er für den 26. März in Bensheim zu einer Veranstaltung einlade, bei der ein Facharzt der Inneren Medizin und ein Organspendeempfänger zu diesem Thema informieren werden.

Die Politik müsse über die Anpassung der Rahmenbedingungen nachdenken, wie in dem kurzen Zeitraum nach dem Ableben, die zur Entnahme eines Spenderorgans zu Verfügung steht, eine rechtlich abgesicherte Entscheidung des medizinischen Personals zur Entnahme erleichtert werden kann. Zum einen werde eine „Widerrufslösung“ debattiert, bei der grundsätzlich eine Bereitschaft zur Organspende angenommen wird, es sei denn der Betroffene habe dies im Vorfeld abgelehnt. Aber auch eine zentrale Datei über Organspendewillige, die im Notfall konsultiert werden kann, wäre ein Lösungsansatz.

Enges Verhältnis zu den Briten

Der Brexit, die Entscheidung Großbritanniens aus der Europäischen Union auszuscheiden, war ebenfalls Thema. Zu Großbritannien gelte es, auch nach dessen Ausstieg aus der Union ein enges Verhältnis zu wahren, nicht nur aus ökonomischen, sondern aus sicherheitspolitischen Gründen. Deutschland habe in der europäischen Politik stets durch seine Position in der Mitte zwischen den Ansichten Frankreichs und Großbritanniens profitiert, bedauerte Meister die politische Entwicklung. Meister sagte, die politische Klasse in Großbritannien habe in der Frage, wie das Ausscheiden aus der Union gestaltet werden soll, versagt.

Zu den zentralen Fragen seien bis heute keine Lösungen gefunden worden. Es sei sehr fraglich, ob diese dann gefunden würden, wenn dem Briten mehr Zeit eingeräumt werde. Die Frage der Umsetzung des Brexits habe in den europäischen politischen Institutionen viel Zeit und Energie beansprucht, was ein Argument gegen ein weiteres Aufschieben der Austrittsfrage sei. Die Besucher des politischen Aschermittwochs des CDU-Ortsverbandes nutzten im Anschluss an den Vortrag die Gelegenheit, Fragen zu den angesprochenen Themen zu stellen, aber auch Auskunft über weitere zu erhalten. uf

Quelle: WNOZ
Artikel vom 09.03.2019

« Enttäuscht über Vorgehen der Verwaltung Drei Zielvereinbarungen finden klare Mehrheiten »