Birkenau. Wie kann die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum auch in Zukunft sichergestellt werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich der traditionelle politische Stammtisch der CDU Birkenau, zu dem ins Gasthaus „Zum Engel“ eingeladen wurde. Die Kommunalpolitiker der Christdemokraten um den Vorsitzenden des Ortsverbandes, Dr. Bernhard Klein, den Fraktionsvorsitzenden in der Gemeindevertretung, Stefan Roewer, und den Vorsitzenden der Gemeindevertretung, Volker Buser, hatten in dieser Frage kompetente Unterstützung zur Verfügung, um das Thema zu erläutern und Fragen der Gäste aus erster Hand zu beantworten, unter ihnen auch viele Vertreter des Mörlenbacher CDU-Ortsverbandes und Bürgermeister Helmut Morr.
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Michael Meister (CDU) und die Erste Kreisbeigeordnete Diana Stolz gingen der Frage auf den Grund, mit welchen Strategien die Ansiedlung von Ärzten auch im ländlichen Raum des Kreises nachhaltig aufrechterhalten werden kann. Die politische Einstellung der CDU in dieser Frage, die momentane Situation und die Vorgehensweisen auf Bundes- und Landesebene sowie vor Ort thematisierte Meister in seinem Vortrag.
Egal, an welchem Ort in der Republik gesundheitliche Probleme auftauchen: Die Gesundheitsversorgung müsse unabhängig von Einkommen und Wohnort sichergestellt sein, so das Credo der CDU auf Bundesebene. Weiter müsse die Freiheit, die Ärztewahl und der Wettbewerb der Krankenkassen untereinander gewährleistet sein, sagte Meister. Er wies darauf hin, dass ein Arzt daher auch weiter freiberuflicher Unternehmer und selbst organisiert sein solle. „Was daher in Zukunft immer wichtiger wird, ist eine vernetzte Struktur in der Gesundheitsversorgung“, sagte Meister und nannte das Stärken der Zusammenarbeit von Ärzten und Fachärzten, der Pflege und der Apotheker als Beispiele.
Eine weitere große Rolle werde das Vorgehen bei der Ausbildung von Ärzten spielen. Bislang spiele die Abiturnote bei der Möglichkeit, einen Studienplatz zu erhalten, mit circa 20 Prozent bei der Zulassung zum Studium eine verhältnismäßig große Rolle, neben den jeweiligen landes- und universitätsspezifischen Kriterien. Hier könnten weitere Möglichkeiten angedacht werden, beispielsweise mit einer Verpflichtung des Studenten nach Abschluss des Studiums im ländlichen Raum tätig zu werden. Aber auch Möglichkeiten für den Studenten zu schaffen, die für das zweite Staatsexamen verpflichtende Erfahrung im Krankenhaus und in der Arztpraxis im Odenwald zu erfüllen, könne durch Schaffung von entsprechenden Angeboten genutzt werden, um den Ärztenachwuchs in der Region zu fördern.
Derzeit sei der Kreis Bergstraße in puncto Ärzteversorgung gut aufgestellt. Von den insgesamt 294 Landkreisen der Republik stehe der Kreis Bergstraße an 101. Stelle und gehöre zum oberen Drittel in der Versorgung mit Medizinern. „Aber an dieser Stelle muss auch beachtet werden, wie sieht das in zehn Jahren aus?“, fragte Meister. In Birkenau seien beispielsweise die Hälfte aller niedergelassenen Ärzte älter als 55 Jahre. In Gemeinden wie Wald-Michelbach und in vielen Gemeinden des Weschnitztals fehlten aber auch schon heute einige Nachfolger für Praxen.
Ein weiteres Phänomen, das in die Zukunftsprognose mit einkalkuliert werden müsse, sei die zu zunehmende Alterung der Gesellschaft, die einen erhöhten Bedarf im medizinischen Bereich zur Folge habe, aber auch drohe, die Zahl der Arbeitnehmer bis zum Jahr 2060 von derzeit 44 Millionen auf 30 Millionen um ein Drittel zu sinken. Diesem Trend gelte es durch eine zügigere Ausbildung, eine verstärkte Förderung von Frauen im Berufsleben, aber auch durch Zuwanderung entgegenzuwirken.

Die Initiative NOVO

Eine Initiative, die schon heute die Weichen in Sicherstellung der Versorgung im Kreis gewährleisten soll, ist das Netzwerk Ortsnahe Versorgung Odenwald (NOVO), über das Kreisbeigeordnete Stolz berichtete. Das Netzwerk, an dem sich derzeit neun Kommunen beteiligen, strebt eine Vernetzung der Ärzte an, aber auch der Angebote im Bereich der Pflege, des Reha-Sportes und Alten- wie Sozialdiensten. Ein erster Erfolg sei die Schaffung des medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Lindenfels gewesen, das der Gemeinde vier Ärztestellen erhalten hätte und ein wichtiger Beitrag zur Versorgung des Odenwalds darstelle. Durch verstärkte Zusammenarbeit mit den Universitäten in Heidelberg, Mannheim und Frankfurt solle angestrebt werden, Studierende für Praktika in die Odenwälder Gemeinden zu gewinnen und Kontakte zu knüpfen. Im Anschluss wurde mit den Fachleuten weiter diskutiert. uf

Quelle: WNOZ
Artikel vom 07.07.2017

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